Tasten, Fühlen, Greifen – zur Bedeutung von Haptik im Medienkontext
08.05.2019
Studiengangsübergreifender Workshop
Was wir begreifen, verstehen wir. Schon der Embryo im Mutterleib greift nach seiner Umgebung, lange bevor sich andere Sinnesorgane entwickeln. Und wenn im Alter das Sehen nachlässt und die Ohren schwächer werden; den Tastsinn verlieren wir nicht. Ohne ihn verlören wir unsere Lebensfähigkeit.
Mit dem gezielten Einsetzen haptischer Effekte haben die Printprodukte im Medienumfeld die Nase vorn. Aus einer schier unendlichen Materialpalette, der Kombination verschiedener Veredelungsverfahren oder der Entwicklung kreativer Produktkonstruktionen lassen sich immer wieder neue und überraschende Wahrnehmungen zaubern. Natürlich spielt Haptik aber auch bei Form und Oberflächengestaltung digitaler Medienträger eine nicht untergeordnete Rolle.
Die Printprodukte und damit auch ihre haptische Wahrnehmung stehen im Fokus mehrerer Studiengänge der Fakultät Informatik und Medien. Inhalte der Curricula sind die Planung und Konstruktion von Buchtiteln, die Entwicklung von Verpackungen, die druck- und verarbeitungstechnische Herstellung dieser Produkte oder die erfolgreiche Präsentation selbiger. Das Thema Haptik steht also jeweils in einem anderen Kontext.
Genau hier setzte der studiengangsübergreifende Workshop in der Mitte des Sommersemesters an – unterschiedliche Sichtweisen und Kenntnisse der verschiedenen Bachelor- und Masterstudiengänge zu vereinen und einen Blick über den Tellerrand zu werfen, dazuzulernen und eigene Erfahrungen weiterzugeben. Studenten aus sechs der technischen und geisteswissenschaftlichen Studiengängen der Fakultät waren beteiligt.
In seinem Einstiegsvortrag informierte Prof. Lutz Engisch über die Funktionsweise des haptischen Sinnes allgemein. Mit diesen Kenntnissen präpariert, zogen sich die Teilnehmer in vier gemischten Gruppen in Seminarräume zurück, um sich dem Fühlen und Begreifen auf unterschiedlichen Wegen zu nähern. Insgesamt acht Kollegen betreuten sie dabei. Im Anschluss stellten Vertreter der jeweiligen Gruppen knapp ihre Ergebnisse dar.
Welche Funktionen haben haptische Elemente im Kaufentscheidungsprozess von Büchern?
Krimi, Roman, Fachbuch – Inhalt, Zielgruppe und Erwartung an den Einband unterscheiden sich deutlich. Ob und wie sich Inhalte über fühlbare Elemente oder Strukturen umsetzen lassen, die Erwartungen der Käufer erfüllt und ihre Kaufentscheidung bestärkt werden, beschäftigte eine Gruppe im Workshop.
Wie lassen sich haptische Elemente beschreiben und katalogisieren?
In diesem Teil des Workshops wurden haptische Elemente sowohl visuell als auch haptisch bewertet. Zu unterscheiden waren verschiedene Motivelemente wie offene und geschlossene Linien, Kreise oder Flächen. Zudem stand die Frage einer Klassifikation dieser Elemente zur Diskussion.
Welche haptische Effekte sind wahrnehmbar?
Besonders spannend wurde die Arbeit bei Haptiktest und Eyetracking empfunden. Fühlen ohne Sehen, Sehen ohne Fühlen – können sich beide Sinne gleichermaßen ergänzen? Von vielen Objekten, die wir sehen, können wir uns vorstellen, wie sie sich anfühlen und wie schwer sie sind. Dabei spielen Erfahrung und Erinnerung eine große Rolle. Doch allein von einem Gefühl fällt die visuelle Vorstellung schwerer.
Wie lassen sich haptische Effekte technisch umsetzen?
Unsere Tastsinnesorgane lassen uns unter anderem hart und weich, rund und kantig, warm und kalt, schwer und leicht unterscheiden. Wie man diese Effekte gezielt zum Beispiel durch Materialauswahl oder Veredelungsverfahren ein- und umsetzen kann, wurde in der vierten Gruppe anhand von einer Vielzahl von Produktmustern diskutiert.
Das Feedback fiel generell positiv aus, auch wenn mehrfach bedauert wurde, nur einen Workshop-Teil besucht haben zu können. Das Experiment ist gelungen. Kritische Hinweise wiesen aber durchaus auf Optimierungspotenzial, das in einer Wiederholungsveranstaltung in einem der kommenden Semester umgesetzt werden wird.
Text: Inés Heinze
Beteiligte Kollegen: | Beteiligte Studiengänge: |
Prof. Ernst-Peter Biesalski Prof. Lutz Engisch Prof. Heiko Hartmann Prof. Inés Heinze Prof. Ulrich Nikolaus Prof. Michael Reiche Jennes Hünniger Oliver Jedamzik | Buch- und Medienproduktion (BA) |